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Noch ein weiter Weg: Chancen und Herausforderung der Asean-Integration

Von Silke Neugebohrn und Joffre Castilla Breininger. Dieser Artikel erschien in der Mai-Ausgabe 2015 von ChinaContact.

Ende dieses Jahres soll die stärkere Integration der Asean-Länder perfekt sein. Nach den Plänen der Staatenorganisation sollen dann mit der Asean Economic Community (AEC) alle Schranken fallen. Bis zur Entstehung eines tatsächlich einheitlichen Marktes ist jedoch noch ein weiter Weg zurückzulegen.

Die Vereinigung der Südostasiatischen Staaten, Asean, bestehend aus Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, PhilippinenThailand, Singapur und Vietnam, strebt einem bedeutenden Meilenstein entgegen: Am 31. Dezember 2015 tritt die Asean Economic Community (AEC) in Kraft, die neben der Asean Political Security Community und der Asean Socio-Cultural Community einen der strategischen Eckpfeiler der weiteren Integration der Asean-Staaten bildet. Mit der AEC soll ein immenser liberalisierter Wirtschaftsraum geschaffen werden. Zusammengenommen haben die Asean-Länder eine Bevölkerungszahl von mehr als 600 Millionen Einwohnern und eine Wirtschaftsleistung von über 2,5 Billionen US-Dollar. Prognosen zufolge könnte die AEC im Jahr 2030 die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Welt sein, nach China, den USA und der EU.

Überregionale Liberalisierung

Grundlegende Ziele sind die Schaffung eines einheitlichen Marktes und Produktionsstandorts sowie die Transformation des Staatenbundes in eine wettbewerbsfähige Wirtschaftsregion, die komplett in die globale Wirtschaft integriert ist. Bauplan für die AEC ist die 2008 veröffentlichte »Blueprint«, in der die Säulen der Wirtschaftsunion, die fünf Grundfreiheiten, festgeschrieben sind: Freier Warenverkehr, freier Fluss von Dienstleistungen, Investitionen und Kapital sowie barrierelose Wahl des Arbeitsstandortes für qualifizierte Arbeitskräfte.

Diese Grundfreiheiten sind in den vergangenen Jahren stückweise umgesetzt worden. So wurden etwa zur Implementierung des zollfreien Warenverkehrs die durchschnittlichen Zölle für den Handel mit Waren innerhalb der Asean-Region von 13 Prozent im Jahre 1993 auf nahezu Null 2013 gesenkt. Sämtliche Asean-Staaten haben die Zölle auf Importe aus anderen Mitgliedsstaaten auf fast alle Waren abgeschafft.

Ein großes Potenzial für ausländische Unternehmen ist die junge Bevölkerung. Während das Durchschnittsalter in Japan, China und Korea
zunimmt, sind mehr als die Hälfte der Bewohner der Asean jünger als 30 Jahre. Gepaart mit dem wirtschaftlichen Aufschwung wächst eine dynamische und rasch expandierende Mittelschicht heran, deren Konsumbedürfnis an Waren und Dienstleistungen es zu stillen gilt. Gleichzeitig ist dieser hohe Bevölkerungsanteil im arbeitsfähigen Alter für ausländische Unternehmen attraktiv.

Hinzu kommt das bereits bestehende Freihandelsabkommen zwischen der Asean und China, das gemessen an einer Gesamtbevölkerung von 1,8 Milliarden Menschen den größten Wirtsschaftsraum der Welt mit einem exorbitanten Absatzmarkt bildet. Auch das Freihandelsabkommen mit Indien bietet Unternehmen Chancen, die in einer der beiden Jurisdiktionen operieren. Dieses wurde jüngst von Indiens Regierung unter Narendra Modi, die auf ausländische Investitionen baut, mit mehr Liberalisierung für Dienstleistungen und Investitionen erweitert.

Noch einige Hürden

Allerdings gibt es bei der Umsetzung der AEC-Grundfreiheiten in den einzelnen Ländern bisher sehr unterschiedliche Erfolge. So werden sie in den Philippinen laut Zentralbank bis Ende des Jahres nur zu 72 Prozent umgesetzt sein.

Die Herausforderungen lassen sich im Wesentlichen auf zwei Aspekte zurückführen: Die Heterogenität der Mitgliedsländer und der sogenannte »Asean Way«, das Kooperationsprinzip der Asean-Gemeinschaft, das eine Angleichung und Integration erschwert. So ist zu erwarten, dass etwa Singapur als Finanzmetropole und Drehkreuz für den außergemeinschaftlichen Handel der Asean-Staaten sowie Thailand und Malaysia als Hochtechnologie-Produktionsstandorte unter anderem in der Automobilindustrie und in der Elektrotechnik ihre starken Positionen weiter ausbauen können. Die wirtschaftliche Kapazität und Struktur von Myanmar, Laos und Kambodscha hingegen unterscheidet sich stark von der anderer Mitgliedsstaaten. Ein Großteil der Firmen in diesen Ländern sind Kleinstunternehmen Viele Inhaber befürchten, bei der Marktöffnung nicht mithalten zu können. Auch sind die Industrien dieser Länder nicht international konkurrenzfähig, sodass Sorge besteht, die Industrien könnten völlig wegbrechen und die Länder würden zu reinen Rohstofflieferanten für die Region werden.

Dieses Gefälle hat auch die Migration von Arbeitskräften zur Folge. Sechs Millionen Menschen leben nicht in ihren Heimatländern, wobei Singapur und Thailand mehrheitlich einen Zustrom von Arbeitskräften verzeichnen, während Kambodscha, Laos und Myanmar unterm Strich mit einer Abwanderung von Arbeitskräften konfrontiert sind.

Der »Asean Way« legt die Souveränität der einzelnen Staaten und das Nichteinmischungsprinzip in die inneren Angelegenheiten anderer Mitgliedsstaaten fest. Dies verkompliziert eine Umsetzung der geplanten Maßnahmen auf vielen Ebenen. Zwar soll es beispielsweise einen Binnenmarkt mit zollfreiem Warenverkehr geben, jedoch gibt es keinen einheitlichen Außenzolltarif wie etwa in der EU. Innerhalb der Wirtschaftsunion können Güter frei im- oder exportiert werden, aber jedes Land belegt Güter aus Drittstaaten mit nationalen Zolltarifen, was weiterhin Freihandelsabkommen mit einzelnen Staaten notwendig macht.

Ähnlich sieht es mit der Freizügigkeit bei der Wahl des Arbeitsortes aus. Ein Vergleich mit dem Schengen-Abkommen verbietet sich, da die Freizügigkeit nur Fachkräften der Berufsgruppen Handel und Investitionen vorbehalten ist. Die Voraussetzungen für den Erhalt von Arbeitsvisa richten sich ferner nach den Vorschriften der einzelnen Länder und unterscheiden sich deutlich. Beschränkungen, die in einigen Staaten faktisch den Zugang von Ausländern zur Beschäftigung limitieren, bleiben bestehen. Auch stellt es sich als schwierig heraus, ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen und Qualifikationen zu erreichen. Als Hindernis gelten dabei die großen Unterschiede in den Ausbildungsstandards der einzelnen Länder.

Standards müssen auch in anderen Bereichen angeglichen werden. Bislang können Lieferanten ihre Produkte in anderen Asean-Staaten nicht verkaufen, wenn die Konformitätsbewertung und Zertifizierung nicht vom potenziellen Käufer oder von den Behörden im Zielmarkt akzeptiert werden. Dies macht in der Praxis oft doppelte Testverfahren erforderlich und verkompliziert die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit. Abhilfe soll hier das Asean Consultative Committee on Standards and Quality (ACCSQ) schaffen.

Der Asean steht zweifellos eine große Zukunft bevor, jedoch ist bis dahin noch ein weiter Weg zu gehen.

 

Bei Fragen zu Wirtschaftsthemen, Steuern, Buchhaltung und Unternehmensgründungen in Asien kontaktieren Sie bitte:

Fabian Knopf, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates Fabian.Knopf@dezshira.com

Silke Neugebohrn, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates Silke.Neugebohrn@dezshira.com

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